Das Leben von Otto Bollhagen - 1887 bis 1914
Otto Bollhagen - 1887 bis 1914
Nach der Übersiedlung in die Parkallee konnte der gewerbliche Betrieb weiter expandieren, während im Atelier die Änderung des Publikumsgeschmacks die Abkehr vom überreichlichen Dekorieren und Bemalen aller Decken und Wandflächen gerade in vornehmen Häusern mit sich brachte, so daß »für eine Reihe zweiter Kräfte welche mehr nur zu schematischen, quantitativen Atelierarbeiten befähigt waren, die Aufträge fehlten«. In diesen Jahren hörte auch die Zusammenarbeit mit dem NDL weitgehend auf. Um den künstlerischen Großbetrieb aufrecht erhalten zu können, musste ein neues Betätigungsfeld gesucht werden. In vielen Jahren hatte man sich mit der Architekturmalerei in Form von Stadtansichten und malerischen Bauwerken aller Art, vornehmlich für die Schiffssalons, befaßt, so daß Bollhagen bis dato in so unkünstlerischer Weise angewandter Darstellung der größeren Fabrikbetriebe zuwandte und sie auf ein künstlerisches Niveau zu bringen versuchte«. Schnell fand Bollhagen auf seinem neuen Betätigungsfeld viele Auftraggeber in Unternehmerkreisen, die seine Arbeiten zu Reklamezwecken bzw. zur Ausschmückung der Besuchs- und Festräumlichkeiten ihrer Verwaltungsgebäude nutzten – ein bedeutender Abschnitt in seinem beruflichen Leben.
Die Gemälde brachten ihm viel Anerkennung, die sich in der Folge in einer größeren Anzahl von Aufträgen dieser Art, die zur Ausschmückung von Jubiläumsbüchern dienten, niederschlug. So führte Bollhagen mit seinen Mitarbeitern beispielsweise große Arbeiten für die Firmen Lanz in Mannheim, Fried. Krupp in Essen, für Bayer in Leverkusen,
für die Gutehoffnungshütte in Oberhausen oder die Badische Anilin und Sodafabrik in Ludwigshafen aus. Als besonders ehrenvoll sah er einen Auftrag des Königlichen Eisenbahn-Ministeriums in Berlin an. Er sollte auf acht Gemälden die Entwicklung des Schienenbaues seit 100 Jahren darstellen. Nicht minder stolz war er über den Auftrag, die Wände im Sitzungszimmer des Verwaltungsgebäudes der A.G. »Weser« mit panoramenartigen Gemälden zu schmücken, die die Entwicklung des deutschen Schiffbaus seit 400 Jahren darstellten.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte verheerende Folgen für den Betrieb. Die Aufträge gingen zurück und die Mehrzahl der Mitarbeiter wurde eingezogen. Im praktischen Betrieb blieben ihm nur der Werk- und Geschäftsführer sowie einige alte Leute und invalide Maler erhalten. Noch stärker war das Atelier betroffen. Bis auf den langbewährten Sasse mussten alle künstlerischen Mitarbeiter in den Krieg ziehen. Mit nur wenigen Hilfsarbeitern wurde der Gesamtbetrieb aufrechterhalten. Allerdings nahmen die gewerblichen Aufträge entweder aus Rohstoffmangel und der dadurch bedingten Preissteigerungen oder wegen fehlender Arbeitskraft stark ab.
Otto Bollhagen gelang es trotz des Krieges, diverse künstlerische Aufträge von Firmen hereinzuholen, die schon an eine Friedenspropaganda dachten. So war er über zwei Jahre allein mit Arbeiten für die Bayerwerke beschäftigt. In anderen Fällen nahm er seine alten Skizzenbücher, führte früher nicht vergebene Aufträge aus und bot sie dann den Unternehmen an, in der Hoffnung, daß die Firmen nun die Gemälde erwerben würden.
Die im Kriege angefertigten Gemälde waren zum größten Teil persönliche Arbeiten von Otto Bollhagen.