Das Leben von Otto Bollhagen – 1914 bis 1924
Otto Bollhagen – 1914 bis 1924
Nach dem Kriege versuchte Bollhagen, seinen Gewerbebetrieb und das Atelier wieder auf den alten Stand zu führen, was nicht ganz leicht war. Denn einerseits war der langjährige Mitarbeiter Gustav Berg 1919 gestorben, während andererseits Fritz Jacobsen 1921 ausschied, um sich rein künstlerisch zu betätigen. Im Frühjahr 1919 trat Otto Bollhagen jun. (1891–1963) als Prokurist in das Geschäft ein und übernahm zunächst die Werbetätigkeit für das Atelier und das Büro. Einige Zeit arbeitete er auch praktisch und nahm an Abendkursen der Kunstgewerbeschule teil – ein neuer Abschnitt in seinem Leben und in der Geschichte des Unternehmens.
Er schied jedoch 1922 wieder aus, weil er kein ihm genügendes Tätigkeitsfeld in der Firma finden konnte. Er eröffnete ein Baugeschäft und richtete ein bald recht gutgehendes Häusermaklerbüro ein.
Das praktische Geschäft besserte sich zeitweilig zu Beginn der 1920er Jahre. Doch die Kundschaft hatte sich gewandelt. »Der alte Bremer Kaufmann war verarmt. Neureiche, mit zum Teil sehr eigenartigem Geschmack, traten jetzt in Erscheinung.« In den Jahren 1922 bis 1924 erhielt Bollhagen mehrere Aufträge von der befreundeten Firma J.A. Schäfer & Co zur Ausführung der Lackierarbeiten auf den Dampfern der Sierra Klasse - Sierra Nevada, Sierra Ventana, Sierra Morena und Sierra Cordoba - des NDL. Diese Arbeiten wurden in Dollarwährung bezahlt, so daß ein inflationsbedingter Substanzverlust vermieden werden konnte. Nach der Währungsreform besserte sich ab 1924 die Lage im Malerhandwerk, zum Teil konnten sehr erhebliche Aufträge hereingenommen werden.
Die Atelierarbeit erlebte nun ebenfalls wieder einen Aufschwung. Eine Werksansicht und Einzeldarstellungen der Firma E. Merck in Darmstadt entstanden, die Rheinschiffahrt A.-G. in Mannheim orderte mehrere Darstellungen ihrer Hafenanlagen, für Carl Zeiss in Jena schuf Bollhagen Detailarbeiten vom Unternehmen sowie ein Werkspanorama und für die Kakao Compagnie Reichardt in Hamburg malte er den Produktionsablauf in einer ganzen Serie von Bildern, die auch als Ansichtspostkarten aufgelegt wurden. Mitten im Schaffen verstarb Otto Bollhagen an einer plötzlich aufgetretenen Lungenentzündung am Morgen des 5. September 1924. Seine Urne wurde am 08. September vormittags in Bremen beigesetzt. Ab 12 Uhr nahm das Geschäft seine Arbeit wieder auf.Otto Bollhagen jun. trat wieder in die Leitung der Firma ein.
Kurz vor seinem unerwarteten Tode war Otto Bollhagen sen. eine Ehrung besonderer Art zuteil geworden. Seine Geburtsstadt Wesenberg zeichnete ihn im Frühjahr 1922 mit der Ehrenbürgerschaft aus. Die von Bürgermeister Halling überreichte, aquarellierte Urkunde zeigt u.a. drei Motive aus Wesenberg sowie zwei Frauenfiguren, die die Landwirtschaft und Industrie & Handwerk symbolisieren, während zwei männliche Figuren Fischerei und Handel & Gewerbe repräsentieren.